Quelle: LI Hamburg
Sexualisierte Gewalt (weiterführende Schule)
Informationen zur Intervention bei Vorfällen von sexualisierter Gewalt an der Schule und zur Prävention.
Wenn Bedarf an Beratung oder Fortbildungsveranstaltungen zum Thema besteht, sprechen Sie uns an.
Beate Proll
Telefon 040 42 88 42 – 740 I E-Mail beate.proll@li.hamburg.de
Soforthilfe, Unterstützungsangebote für konkrete Situationen
Eine Erstberatung erhalten Sie in der Abteilung Beratung — Vielfalt, Gesundheit und Prävention im Arbeitsbereich Sexualerziehung.
Beate Proll
Telefon 040 42 88 42 – 740 I E-Mail beate.proll@li.hamburg.de
Geht es um Übergriffe unter Schülerinnen und Schülern, wenden Sie sich bitte an die Beratungsstelle Gewaltprävention Hamburg der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB).
Sind Kinder oder Jugendliche von sexualisierter Gewalt betroffen, ist der Gewaltmeldebogen auszufüllen und an die Polizei weiterzuleiten.
Liegt der Verdacht auf Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung der Schülerinnen und Schüler vor, gilt die „Richtlinie zum Umgang der Schulen mit dem Verdacht auf Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung der Schülerinnen und Schüler.“
Bei Verdacht auf sexuelle Grenzverletzungen unter Kindern und Jugendlichen finden Lehr- und pädagogische Fachkräfte im Leitfaden „Sexuelle Grenzverletzungen — Handeln bei sexuellen Grenzverletzungen unter Kindern und Jugendlichen“, Informationen zur Einschätzung und für angemessene Maßnahmen. Sie sollten hier sensibel zwischen altersgerechter Sexualität und grenzverletzendem Verhalten unterscheiden.
Hrsg.: Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) und die Beratungsstelle Gewaltprävention, April 2017.
Betroffenen, ratsuchende Kinder und Jugendliche, die sich direkt an Beratungsstellen wenden möchten, finden eine Liste mit Kontaktadressen auf dem Hamburger Jugendserver. Unter Notfallkontakte gibt es ein Faltblatt in Form eines Mobiltelefons zum Download, das Jugendliche bequem bei sich tragen können.
Die Nummer gegen Kummer e.V. ist ein bundesweites, kostenfreies, telefonisches Beratungsangebot für Kinder, Jugendliche, Eltern und andere Erziehungsberechtigte. Die Infokarte (Motiv Kind) kann von der Seite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend heruntergeladen werden.
Das „Netzwerk Hamburger Einrichtungen gegen sexualisierte Gewalt“ (NEXUS) bietet mit der Publikation Wege zur Hilfe bei sexualisierter Gewalt in Hamburg (2017) eine Übersicht der Beratungs- und Hilfsangebote inklusive Kontaktdaten der Fachberatungsstellen an. Auf einem Stadtplan sind die Standorte in Hamburg verzeichnet.
Folgende Fachberatungsstellen gehören dazu:
- Allerleirauh e.V.
- basis & woge e.V.
- Dolle Deerns e.V.
- Dunkelziffer e.V.
- Frauen Notruf
- Kinderschutzzentrum Hamburg
- Opferhilfe Hamburg
- Wendepunkt e.V.
- Zornrot e.V.
- Zündfunke e.V.
Allgemeine Informationen zu sexualisierter Gewalt und sexuellen Grenzverletzungen
Mit „sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendliche“ sind die vielfältigen Formen der Gewalt gegen die sexuelle Integrität von Kindern und Jugendliche gemeint. Der Begriff verdeutlicht, dass sexuelle Handlungen benutzt werden, um Macht und Gewalt ausüben zu können.
Die Kultusministerkonferenz (KMK) empfiehlt größtmögliche Sensibilität gegenüber dem Problem der sexuellen Übergriffe und spricht sich für engagiertes Handeln aus (siehe KMK-Handlungsempfehlung, 2013).
Bezugnehmend auf die Zahlen der WHO geht der Arbeitsstab des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) von durchschnittlich ein bis zwei von sexualisierter Gewalt betroffenen Kindern und Jugendlichen pro Schulklasse aus.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik liefert jährlich Zahlen der Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen. Auch auf Hamburger Ebene werden dazu Daten veröffentlicht.
Es zeigt sich, dass drei Viertel der Opfer weiblich sind. Da nur ein kleiner Teil der Taten angezeigt wird, bleiben jedoch viele Fälle im Dunkelfeld.
Etwa ein Drittel der Fälle von sexualisierter Gewalt gegen Mädchen und Jungen wird von Jugendlichen selbst verübt. Die Betroffene brauchen Schutz und Hilfe, aber auch sexuell übergriffige Jungen und Mädchen benötigen Unterstützung von Fachberatungsstellen, damit sie keine weiteren sexuellen Grenzverletzungen begehen.
Auf dem Hilfeportal Sexueller Missbrauch des UBSKM ist eine bundesweite Datenbank mit Informationen, Adressen und Unterstützungsangeboten für Betroffene und ihre Angehörigen sowie für Fachkräfte.
Für den schulischen Kontext befinden sich auf der Internetseite Schule gegen sexuelle Gewalt die Angebote und Regelungen der einzelnen Bundesländer zu Prävention und professionellem Umgang mit konkreten Situationen.
Bundesweit kursieren in Chatgruppen von Schülerinnen und Schülern Videos und Bilder mit kinderpornografischen Inhalten. Vielen der meist minderjährigen Verbreitenden fehlt das Bewusstsein dafür, dass sie Darstellungen eines realen sexuellen Kindesmissbrauchs weiterleiten und auch die rechtliche Dimension ihres Handelns ist jungen Menschen oft nicht bewusst. Mit einem Klick machen sie sich selbst strafbar.
Mit der Kampagne soundswrong und unter dem #denkenstattsenden klärt die polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) über die strafbare Verbreitung von Kinderpornografie in Chats und Messengern auf.
Die Clips werden auf den Social Media-Kanälen des ProPK veröffentlicht:
Instagram: www.instagram.com/zivilehelden
Facebook: www.facebook.com/zivihelden
YouTube: Kanal der Polizeilichen Kriminalprävention
Die Präventionskampagne des Bundeskriminalamts #dontsendit befasst sich in erster Linie mit der Problematik des Versendens von selbstgefertigten Nacktbildern und dessen sozialen bzw. strafrechtlichen Folgen hinweisen und sensibilisieren.
Wenn Kinder, also Personen unter 14 Jahren, Fotos oder Videos von sich fertigen, handelt es sich hierbei um sog. kinderpornografische Inhalte. Wer solche Nacktbilder oder -videos herstellt, versendet, empfängt, weiterleitet oder speichert, macht sich gem. § 184b StGB strafbar. Es ist jedoch nicht strafbar, wenn Jugendliche, also Personen, die unter 18 und mindestens 14 Jahre alt sind, jugendpornografischen Inhalte mit Einwilligung der/des dargestellten Jugendlichen anfertigen und innerhalb einer sexuellen Partnerschaft zum persönlichen Gebrauch austauschen (siehe Safer Sexting).
Sexualisierte Gewalt als Unterrichtsthema in der Schule
Die Teamer und Teamerinnen von talk about kommen in die Schule und arbeiten mit Schülerinnen und Schülern zu Themen wie Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, Sensibilisierung für eigene Grenzen und die der Anderen, zu Dimensionen der Diskriminierung, zu sexualisierter Gewalt und Entscheidungsfreiheit als Teil der Persönlichkeitsentwicklung.
Da sexualisierte Gewalt überwiegend von Männern und Jungen verübt wird, bietet der Verein Jungenarbeit Hamburg e.V gezielt Präventionsprojekte zur Thematisierung von sexualisierter Gewalt, Männlichkeit und Rollenvorstellungen an. Seit 2016 werden in dem Peer-Projekt comMIT!ment junge Männer zwischen 16 und 27 zu Teamern ausgebildet.
Die Angebote von Allerleirauh sind speziell für Mädchen gedacht. Ziel ist es, sie zu größerer Sensibilität ihrer eigenen Bedürfnissen, Gefühlen, Wahrnehmungen und Grenzen gegenüber zu befähigen, so dass sie sexuelle Übergriffe schneller einordnen können. Dazu gehört, »nein« zu sagen und sich Hilfe zu holen. Die Angebote sind auch für beeinträchtigte Mädchen geeignet.
basis-praevent ist ein Verein, der sich an Jungen und Männern wendet. Präventionsveranstaltungen für Schulklassen sind möglich; ebenso Beratung von Jungen und Männer, die Opfer von sexueller Gewalt wurden.
Das Präventionsangebot von Dolle Deerns arbeitet mit Mädchengruppen und Mädchenklassen zur Selbststärkung und Entwicklung der eigenen Möglichkeiten des Handelns.
Das Portfolio von Dunkelziffer e.V. umfasst mehrere Aspekte von sexueller Prävention. „Stark machen. Klasse sein“ informiert Mädchen und Jungen über Sexting, Cybermobbing und sexuelle Anmachen im Internet. Ein Elternabend und eine Fortbildung der pädagogischen Lehr- und Fachkräfte gehören dazu.
„Online sein. Smart sein“, das medienpädagogische Projekt, befasst sich mit Chatten, Handynutzung, Täterstrategien, Sicherheitsregeln u.v.m.
In dem Film „Leise Krieger“ wird auf die Reaktionen des Umfeldes bei bestehendem Missbrauch eingegangen. Schuldgefühle der betroffenen Jugendlichen können verstärkt und ihre Suche nach Hilfe erschwert werden.
Zündfunke e. V. bietet weiterführende Schulen mit „Wissen macht stärker“ ein unentgeltliches Präventionspaket an, das alters- und geschlechtsspezifischen Materialien zu sexualisierten Übergriffen und Hilfsangeboten beinhaltet und interkulturelle Aspekte berücksichtigt.
Das Theaterstück „Ich werde es sagen“ zeigt, wie ein Erwachsener das Vertrauen eines Jungen gewinnt und dieses für seine Zwecke missbraucht.
Hilfreich für weiterführende Schulen ist die Ausstellung vom Petze-Institut „Echt krass!“. Die Ausstellung wurde für weiterführende Schulen ab Jahrgang 8 und Jugendhilfen entwickelt. Sie besteht aus einem interaktiven Präventionsparcours zur Stärkung der sozialen Kompetenz und Sensibilisierung der Jugendlichen und vermittelt Handlungsalternativen und Auswege aus sexualisierter Gewalt.
Der Förderverein Kinderschutzportal e.V. bietet sowohl Präventionsmaterialien zu sexualisierter Gewalt an als auch Medien für die Sexualerziehung und zur Förderung von Gender- und Medienkompetenz.
Auf dem Jugendportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Loveline sind unter der Kategorie „Sex und Gesetz“ die gesetzlichen Bestimmungen zusammengefasst, um Jugendliche vor sexueller Ausbeutung zu schützen.
Von kommerzieller sexueller Ausbeutung sind minderjährige Mädchen aber auch Jungen betroffen.
Mit der Loverboy-Methode werden Mädchen und junge Frauen unter der Vortäuschung von Liebe zur Prostitution gezwungen. Dazu eine Aufklärungsinitiative von Terres Des Femmes mit umfassenden Informationen auch für Betroffene.
Zur Prävention der Prostitution Minderjähriger bietet das Projekt Fair Love von der Fachberatungsstelle Prostitution Hamburg Sperrgebiet/ Diakonisches Werk Hamburg, Gruppenveranstaltungen und Einzelberatungen für Jugendliche, Fachkräfte und Angehörige. Ziel des Projekts ist es, über die Loverboy-Methode zu sensibilisieren und aufzuklären und Betroffene mit adäquaten Unterstützungsmaßnahmen ins Hilfe-System zu vermitteln. Alle Angebote sind kostenlos, vertraulich und auf Wunsch anonym.
Innocence in Danger e.V. hat sich auf Missbrauch mit Hilfe digitaler Medien spezialisiert und bietet Jugendlichen und Erwachsenen Informationen sowie Präventionsmaterialien und Schutzkonzepte an. Mehrere Erklärvideos gehen auf die unterschiedlichen Themen ein, u.a. auch auf Sexting.
Die Arbeitsmaterialien Let‘s talk about Porno von „Klicksafe.de“ liefern zum Thema „Pubertät 2.0: Aufwachsen in sexualisierten Lebenswelten" sowohl Hintergrundinformationen für Lehr- und Fachkräfte als auch Module für den Unterricht. Das Heft ist in vier Bausteine gegliedert: 1. Leben in der Pubertät, 2. Schönheitsideale in unserer Gesellschaft, 3. Pornografie im Netz und 4. Sexualisierte Kommunikation.
In der Mediathek für Hamburger Schulen gibt es einige Filme, die das Thema sexualisierte Gewalt thematisieren. Im Spielfilm „Soziales Lernen 13: Im Netz 5 - Sexualität im Internet“ (bitte den Titel in die Suchmaske eingeben) geht es um die emotionalen Auswirkungen und rechtlichen Konsequenzen, die die Verbreitung von selbstgedrehter Videos mit sexuellem Inhalt, gewaltverherrlichende Videos und Internetmobbing haben können.
Seit Januar 2021 ist bereits der Versuch strafbar, Minderjährige mit sexuellen Absichten im Internet zu kontaktieren, auch Cybergrooming genannt. In einem Aufklärungsfilm der Landesanstalt für Medien NRW werden die wichtigsten Regeln und Vorsichtsmaßnahmen vermittelt, mit denen sich Kinder und Jugendliche im Internet vor Übergriffen schützen können. Für den Unterricht im Jahrgang 5 bis 8 gibt es auch Begleitmaterial zum Video.
Schutzkonzepte und Präventionsmaßnahmen für Schulen
Das Bundeskinderschutzgesetz von 2012 stärkt den Kinderschutz — auch im Bereich der sexualisierten Gewalt.
Mit den Handlungsempfehlungen von 2013 hat sich die KMK über Maßnahmen zur Vorbeugung und Aufarbeitung von sexuellen Missbrauchsfällen und Gewalthandlungen in Schulen und schulnahen Einrichtungen verständigt.
„Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt ist eine bleibende gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) trägt mit der Förderung von Forschung dazu bei, den Schutz von Kindern und Jugendlichen durch neue Erkenntnisse und innovative Konzepte zu verbessern.“ (Bekanntmachung vom BMBG, 2016).
Zur effektiven Umsetzung und um allen Beteiligten Handlungssicherheit zu geben, wurde den Schulen der Kinderschutzordner für Hamburger Schulen (2017) zur Verfügung gestellt. Er dient ihnen als Grundlage zur verpflichtenden Entwicklung eines standortspezifischen Kinderschutzkonzeptes.
Die Inhalte wurden von der Beratungsstelle Gewaltprävention in Kooperation mit dem Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI), den Regionalen Bildungs- und Beratungszentren (ReBBZ) sowie der fachlichen Unterstützung der AG Kinderschutz, AG Grenze und der UAG Prävention und Kinderschutz in Hamburg entwickelt.
Die Initiative des Unabhängigen Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) bietet auf dem Portal „Schule gegen sexuelle Gewalt“ weiter Hilfestellungen und Informationen für die Erarbeitung von Konzepten zum Schutz vor sexueller Gewalt.
„Kein Raum für Missbrauch“ ist eine weitere Initiative des UBSKM. Ziel ist es, dem Missbrauch an Orten, an denen sich Kinder und Jugendliche aufhalten, keinen Raum zu geben. Vielmehr sollen sie dort kompetente Ansprechpersonen finden, wenn sie Hilfe benötigen. Das kann gelingen, indem Einrichtungen und Organisationen wie Schulen, Kitas, Heime, Sportvereine, Kliniken und Kirchengemeinden Schutzkonzepte gegen sexualisierte Gewalt entwickeln und umsetzen.
Auf der Internetseite der BSB zum Kinderschutz „Kein Raum für Missbrauch“ können sich Pädagoginnen und Pädagogen, Schulleiterinnen und Schulleiter über Handlungsmöglichkeiten in der Schule informieren. Die effektive schulische Präventionsarbeit umfasst auch eine gute institutionelle Vernetzung mit Fachberatungsstellen und Hilfeeinrichtungen für Lehrkräfte.
Das Hilfeportal des Bundes bietet umfassende Sachinformationen, Fakten und Hintergründe zu sexualisierter Gewalt. Unter dem Motto „Hilfe suchen, Hilfe finden“ finden Betroffene, Angehörige und Fachkräfte einen schnellen Zugang zu Hilfe und Beratung.
Der UBSKM hat in Zusammenarbeit mit den Bildungsministerien der Ländern das interaktive Fortbildungsangebot „Was ist los mit Jaron?“ für pädagogische Fachkräfte konzipiert und vermittelt praxisnah Basiswissen. Dieses Wissen ist eine Voraussetzung für die Entwicklung von Schutzkonzepten. Interessierte können sich unter https://www.was-ist-los-mit-jaron.de/ registrieren lassen oder anonym teilnehmen. Es sollen vier Stunden eingeplant werden, in denen auch Pausen einlegt werden können. Bei registrierten Teilnehmende wird der Fortschritt gespeichert. Diese erhalten am Ende des Kurses eine vom System generierte Teilnahme-Bescheinigung.
Statistisch gesehen gibt es in jeder Klasse in Deutschland ein bis zwei Schüler:innen, die sexueller Gewalt ausgesetzt sind. Darum hat der UBSKM seinen Podcast über Sexismus, sexuelle Übergriffe und sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche einbiszwei genannt.